Donnerstag, 04. Januar 2024

Offizielle Arbeitsmarktzahlen geben in Teilen Rätsel auf

Blogeintrag | Kommentare (0)

Wer die seit Monaten stereotyp verfassten zahlreichen Meldungen über fehlendes Personal in nahezu allen Branchen verfolgt, dem geben die offiziellen Zahlen zum Arbeitsmarkt seit einiger Zeit in Teilen Rätsel auf. So verhält es sich auch mit den gestern veröffentlichten Daten der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) zum Dezember vergangenen Jahres. Einerseits steigen die Arbeitslosenzahlen, andererseits nimmt der Beschäftigungsstand zu, während gleichzeitig die Zahl der offenen Stellen steigt. Sinnbildlich dafür steht die Zusammenfassung durch BA-Chefin Andrea Nahles: „Mit Beginn der Winterpause haben Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im Dezember wie in diesem Monat üblich zugenommen. Die Beschäftigung wächst weiter und die Nachfrage der Unternehmen nach neuem Personal hat sich im Dezember nicht weiter abgeschwächt. Allerdings wurde Kurzarbeit zuletzt wieder etwas mehr in Anspruch genommen.“

In nackten Zahlen bedeutet dies: • Die Arbeitslosenzahl ist im Dezember gegenüber dem November um 31.000 auf 2.637.000 gestiegen. Im Vorjahresvergleich ist dies eine Steigerung um 183.000 Personen • Die Arbeitslosenquote stieg gegenüber Vormonat um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent • Die Unterbeschäftigung, die neben der Arbeitslosigkeit auch Arbeitsmarktpolitik und kurzfristige Arbeitsunfähigkeit umfasst, ist saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 11.000 gestiegen. Sie lag im Dezember 2023 bei 3.484.000 Personen. Das waren 171.000 mehr als vor einem Jahr. Ohne die Berücksichtigung ukrainischer Geflüchteter hätte die Unterbeschäftigung nur um 126.000 über dem Vorjahreswert gelegen.

Gleichzeitig ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Zahl der Erwerbstätigen (nach dem Inlandskonzept) im November 2023 saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat geringfügig um 22.000 gestiegen. Mit • 46,22 Millionen Personen fiel sie im Vergleich zum Vorjahr um 213.000 höher aus • Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist von September auf Oktober 2023 saisonbereinigt um 34.000 gestiegen • Im Vergleich zum Vorjahr hat sie im Oktober nach Hochrechnungen der BA um 227.000 auf 35,12 Millionen Beschäftigte zugenommen, wobei der Anstieg allein auf Ausländern beruht • 7,62 Millionen Personen hatten im Oktober 2023 eine geringfügig entlohnte Beschäftigung, 171.000 mehr als im Vorjahresmonat. Davon waren • 4,19 Millionen ausschließlich und • 3,43 Millionen im Nebenjob geringfügig entlohnt beschäftigt.

Trotz eines neuen Beschäftigungshöchststandes waren im Dezember • 713.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 68.000 weniger als vor einem Jahr. Der • BA-Stellenindex (BA X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland, der neben dem Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen auch den Zugang berücksichtigt – stieg im Dezember 2023 um einen Punkt auf 116 Punkte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet der BA-X einen Rückgang von zwölf Punkten. Die BA weist in ihrem Monatsbericht darauf hin, das wahre Ausmaß des Arbeitskräftemangels zeige sich in einer repräsentativen Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum gesamtwirtschaftlichen Stellenangebot, die vierteljährlich durchgeführt wird. In der Erhebung werden auch jene Stellen erfasst, die der Bundesagentur für Arbeit nicht gemeldet sind.

Aktuell liegen die Angaben des IAB zum gesamtwirtschaftlichen Stellenangebot für das dritte Quartal 2023 vor. Danach betrug das Stellenangebot 1,73 Millionen Stellen, das waren 15.000 oder ein Prozent weniger als im Vorquartal und 98.000 oder fünf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Vom gesamtwirtschaftlichen Stellenangebot waren nach den Ergebnissen der Betriebsbefragung 40 Prozent den Arbeitsagenturen oder Jobcentern gemeldet (Vorjahr: 44 Prozent).

Die entscheidende Erklärung für diese Diskrepanz zwischen offenen Stellen und Arbeitssuchenden bei gleichzeitigem Höchststand der Beschäftigtenzahl dürfte sein, dass einerseits mehr Migranten Beschäftigungen im Niedriglohnsektor erhalten, während es bei den offenen Stellen meist um Facharbeitskräfte geht, die aktuell nicht zur Verfügung stehen. Die BA selbst verweist darauf, es könne zwar „nicht von einem allgemeinen Arbeitskräfte- oder Fachkräftemangel gesprochen werden“, es zeigten sich aber „deutliche Anspannungen und Engpässe vor allem in Pflegeberufen, im Bereich der medizinischen Berufe, in Bau- und Handwerksberufen und in IT-Berufen. Aber auch Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer sowie Erzieherinnen und Erzieher werden händeringend gesucht.“


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

Zurück zum Blog

Kommentar verfassen

Bitte beachten Sie bei Ihren Kommentaren unsere Netiquette